Im Rahmen des hauseigenen Projektes „aTUG“ wurde am OFFIS der Prototyp eines technischen Systems zur schnellen und präzisen Ausführung einer Mobilitätsanalyse in klinischen Umgebung und zum unaufdringlichen Transfer dieser Prozedur in häusliche Umgebungen entwickelt. Ziel des Projektes war es das bestehende klinischen Vorgehen zu optimieren und neue Möglichkeiten zur Prävention und Rehabilitation zu erforschen.
Der Erhalt der persönlichen Mobilität hat einen großen Einfluss auf den Gesundheitszustand und die Befähigung zur selbstständigen Versorgung eines Menschen. Insbesondere bei der Behandlung alter und multimorbider Patienten ist die Bewertung der Mobilität ein zentraler Bestandteil der Befundung zur Ableitung des Gesundheitszustands und der verbleibenden funktionalen Fähigkeiten eines Patienten. Die Einleitung rehabilitativer Maßnahmen im Bereich der Mobilität ist oft eine der wichtigsten Behandlungsschritte, gerade in der Geriatrie.
Die Bewertung der Mobilität erfolgt in weniger spezialisierten Einrichtung, so auch in vielen geriatrischen Einrichtungen, mit Hilfe von Assessment-Tests. Diese standardisierten Tests werden auch heute noch nahezu ohne technische Hilfsmittel ausgeführt. Trotz des Vorteils einer schnellen Bewertung des funktionalen Zustands eines Patienten hat das aktuelle Vorgehen erhebliche Verbesserungspotentiale: Der zeitliche Aufwand und die Wahrscheinlichkeit von Dokumentationsfehlern können durch eine automatische Erfassung und Dokumentation deutlich reduziert werden. Mit Hilfe moderner Sensortechnik können zudem im selben Zeitraum deutlich detaillierte Informationen über einen Patienten gewonnen werden. Geriatrische Assessment Tests finden zudem ausschließlich Anwendung in professionellen Einrichtungen, womit ihr Potential für die Prävention und Rehabilitation nicht genutzt wird.
Entstanden aus dem BMBF-geförderten Projekt „PAGE“ wurde am OFFIS die aTUG-Apparatur entwickelt, wobei es sich um ein technisches System zur automatischen Vermessung der Mobilität im Rahmen geriatrischer Assessment Tests handelt. Der Name deutet auf die automatische Ausführung eines der am häufigsten eingesetzten Assessment Tests im Bereich der Mobilität, des „Timed Up&Go“ Tests, hin. Die aTUG-Apparatur unterstützt klinisches Personal bei der Ausführung von Assessment Tests und nutzt dabei verschiedene Sensoren, um den Patienten automatisch und sehr detailliert zu vermessen. Dabei kommen ausschließlich Sensoren zum Einsatz, die nicht am Patienten befestigt werden müssen. Die Assessment-Ergebnisse werden in einem standardisierten Dokumentenformat gespeichert. Mit Hilfe der aTUG-Apparatur können mehr Informationen über die Mobilität eines Patienten in derselben Zeit wie bei der Anwendung heute üblicher, manueller Assessment Tests gewonnen werden. Die Apparatur befindet sich gerade in der Zulassungsphase als Klasse 1 Medizinprodukt und wird aktuell im Rahmen einer Studie klinisch geprüft.
Die in die aTUG-Apparatur integrierten Sensoren können auch Anwendung finden, um die Mobilität von (potentiellen) Patienten vor oder nach einem Klinik-Aufenthalt direkt in ihrem zuhause zu bewerten. Ärzte hoffen durch eine kontinuierliche Bewertung der Mobilität im natürlichen Umfeld einer Person zunächst neue Möglichkeiten zur Prävention von Notfällen erarbeiten zu können. Zum anderen können die Daten für die Verfolgung des Gesundheitszustands einer Person und ihres Rehabilitationsverlaufs nach Verlassen einer klinischen Einrichtung genutzt werden, um so eventuellen Rückfällen vorzubeugen. Mit Hilfe der aTUG-Sensortechnik kann eine solche Bewertung unaufdringlich und in hohem Detaillierungsgrad erfolgen, ohne eine Person in ihrem täglichen Leben einzuschränken oder zu stigmatisieren.
Im Rahmen des BMBF-Projekts PAGE arbeitet OFFIS mit der Forschungsgruppe Geriatrie der Charité - Universitätsmedizin Berlin zusammen.